(#) and if you tolerate this, then you're children will be next, folge 365:
Betreff: Zensurpolitik der ÖH Innsbruck
Datum: 2009-11-19 23:57
Von: StV Vergl Literaturwissenschaft
Liebe KollegInnen,
Wir bitten euch alle, die folgenen Zeilen zu lesen, da es sich um einen, wie wir finden, höchst beachtenswerten Vorfall handelt:
In der verstärkten medialen Debatte über Bildungspolitik der letzten Wochen wurden einige Misstände an der Universität diskutiert, und das ist auch gut so. Ganz in diesem Sinne weisen wir auf eine fragwürdige Entwicklung hin, die nicht unmittelbar, aber indirekt, alle Studierenden betrifft:
STVen die, anders als wir, keine eigenen Mail-Verteiler besitzen, müssen ihre Mails zuerst an das Sekretariat der ÖH Innsbruck senden, das von dort an den Verwaltungsdienst VIS weitergeleitet wird, der die Mails an alle inskribierten Studierenden zustellt.
Als jedoch die STV Germanistik letzte Woche ihren Studierenden eine Information über die Besetzung der Sowi-Aula übermitteln wollte, wurde diese nachweislich nicht von der ÖH weitergeleitet (Details kann man der Aussendung der Stv Germanistik im Anhang entnehmen).
Es geht nicht darum, ob die Besetzung der Sowi zu unterstützen ist, oder ob eine Mehrheit der Studierenden deren Anliegen befürwortet, es geht um den bedenklichen Umstand, dass die Exekutive sich anscheinend nicht scheut, aufgrund fraktionärehr Interessen, die Kommunikation der STVen mit den Studierenden zu behindern (bzw. zu verbieten). Die STV Germanistik ist genauso wie wir, die STV Komparatistik, völlig parteifrei und unabhängig - uns geht es um Information, nicht um Propaganda. Den direkt gewählten Studienrichtungsvertreterinnen diese Informationstätigkeit zu untersagen, empinden wir als ungeeuerlich, inakzeptapel und aus demokratiepolitischer Sicht
höchst bedenklich.
Die Stv Germanistik hat einige Forderungen formuliert (siehe Anhang), die wir voll und ganz unterstützen. Eine demokratische Universität ist keine Selbstverständlichkeit, sondern baut auf dem Engagement aller Beteiligten auf. Wir bitten euch deshalb, euch selbst zu informieren, und bestenfalls mit der ÖH in Kontakt zu treten.
Stv Komparatistik
das angesprochene schreiben der stv germanistik aus dem anhang im wortlaut:
WIR WERDEN ZENSIERT! –Aussendung der Stv Germanistik
Liebe FakultätsstudienvertreterInnen und StudierendenvertreterInnen,
mit dieser E-Mail wollen wir euch über ein äußerst fragwürdiges Vorgehen der ÖH Innsbruck informieren.
Wir Studierendenvertretungen haben die Aufgabe, die Interessen unsere Mitstudierenden gegenüber der Universität zu vertreten
sowie Informationen über Veranstaltungen, Studierendenanliegen etc. an sie weiterzuleiten.
Diese Möglichkeit wurde uns von der ÖH Innsbruck verwehrt.
Wir wollten am 6.11., 9.11., 10.11. und am 11.11. E-Mails mit Informationen über die Anliegen der BesetzerInnen und deren Gründe für deren Protest an unsere KommilitonInnen weiterleiten - sie informieren.
Damit sich jede(r) Studierende selbst ein Bild von der Sache machen und entscheiden kann, ob er/sie an den Aktionen teilnehmen will.
Bis jetzt ist keines dieser Mails bei unseren KollegInnen angekommen.
Es gab also irgendwo im Weiterleitungskreislauf ein Hindernis – wie ihr wisst, werden Rundmails von uns an das ÖH-Sekretariat verschickt, das seinerseits diese an den ÖH-Vorsitz weiterleitet. Das Sekretariat ist nur dann dazu befugt, diese Mails weiterzuversenden, wenn der Inhalt der Mail der ÖH genehm ist. Ist dies der Fall, schickt das Sekretariat die betreffende Mail an das VIS, das für die Endverteilung zuständig ist.
Nun stellten wir uns die Frage: Wo in diesem fragwürdigen Informationsfluss war die Nachricht hängen geblieben?
Erst nach mehrmaligem Nachfragen erhielten wir am 12.11. per Mail eine Stellungnahme des 2. Stv-Vorsitzenden der ÖH Innsbruck Florian Kahn. Wir zitieren:
"Hallo!
Das Mail wurde gestern von uns an die VIS angewiesen, warum es noch nicht ausgeschickt wurde, wissen wir leider nicht.
Die Uni ist im Augenblick sehr vorsichtig mit Mails, welche die SoWi Besetzung betreffen, weil es sehr viele negative Reaktionen von Studierenden auf diverse Mails gibt.
Wahrscheinlich muss es erst von "höchster" Stelle abgesegnet werden!
Grüße Florian Kahn"
Wie wir inzwischen wissen, entspricht der Inhalt dieses E-Mails nicht der Wahrheit. Eine für die Weiterleitung zuständige Sekretärin der ÖH sowie zwei der dafür zuständigen VIS-Mitarbeiter bestätigten uns, dass – bis heute! – keines dieser Mails von der ÖH an diese "angewiesen" worden ist.
In einem Telefongespräch bezeichnete Florian Ritter, der Vorsitzende der ÖH Innsbruck, die Formulierung der oben angeführten Stellungnahme als unglücklich.
Hiermit beschönigt er den Sachverhalt, dass die ÖH zum einen alle Schuld an dem Vorfall von sich weist und zum anderen durch eine bewusst unklar und mehrdeutig gehaltene Formulierung die gesamte Universität Innsbruck – v.a. Rektor Töchterle, die eigentliche höchste Stelle – diffamiert. Ihnen somit unterstellt, in studierendenfeindlicher Weise den Informationsfluss zwischen StudierendenvertreterInnen und Studierenden zu zensieren.
“[V]on ‘höchster’ Stelle” – in Wahrheit verbirgt sich hinter dieser nebulösen Formulierung die ÖH Innsbruck selbst. Sie missbraucht also ihre Stellung als gesetzliche StudierendenVERTRETUNG und tritt stattdessen als Zensurbehörde auf.
Auch wenn die ÖH sich nun in einer Stellungnahme darauf berufen wird, dass sie auch die Interessen der BesetzungsgegnerInnen vertreten müsse, weil sie ja immerhin schon sehr viele Beschwerdemails erhalten habe (was sie uns gegenüber inoffiziell schon getan hat, was offiziell aber noch aussteht, stellen sich folgende Fragen:
1. Wie kann sich die ÖH anmaßen, die Interessen einer Studierendengruppe über die einer anderen zu stellen? Vor allem wenn sich diese privilegierten Interessen zufälligerweise mit denen der ÖH decken?
2. Wieso verweigert die ÖH einer demokratisch gewählten Studierendenvertretung das Aussenden von Informationen AN DIE EIGENEN STUDIERENDEN? Informationen über Angelegenheiten, die alle Studierenden – Gegner wie Befürworter – direkt betreffen?
3. Wie kann sich eine Interessenvertretung wie die ÖH erlauben, durch bewusstes Zurückhalten von Informationen welcher Art auch immer AKTIV gegen eine studentische Interessengemeinschaft vorzugehen?
4. Wie kommt die ÖH dazu, ihre Stellung als Studierendenvertretung zu missbrauchen und stattdessen als als Zensurbehörde aufzutreten? Ihre absolute Machtposition in der Informationskette zwischen STVen und Studierenden - auf die sie widerrechtlich besteht (siehe HSG §10, S. 80, Abs. 4-6) - zu auszunützen und damit die Studierenden ihrer Möglichkeit zur freien Meinungsbildung zu berauben?
Deshalb fordern wir:
1. Dass die ÖH aufhört, eine autonome Kommunikation zwischen Studierenden und ihren Vertretungen zu unterbinden – wir sind das Sprachrohr der Studierenden und die ÖH hat nicht das Recht, diese ihrer Stimme zu berauben.
2. Dass die ÖH Innsbruck ihre Stellung nicht zur Zensur und damit zur Unterdrückung von Studierendenanliegen missbraucht.
3. Dass die ÖH Innsbruck verschiedene studentische Positionen berücksichtigt.
4. Dass Konsequenzen aus der beschriebenen Vorgehensweise der ÖH Konsequenzen gezogen werden.
Wir ergreifen hier Partei für niemanden, sondern verstehen uns als Vertretung aller Germanistikstudierenden und tolerieren deshalb keinerlei Manipulation der Kommunikation zwischen uns und unseren Mitstudierenden.
NICHT MIT UNS! MIT EUCH ETWA?
Eure Stv Germanistik
taking decisions - you're task.
edit: ich habe soeben den öh-vorsitz und -sekretariat innsbruck via email um stellungnahme zu dem vorfall gebeten. über die antworten und weitere entwicklungen werde ich hier selbstverständlich laufend berichten.
edit: bericht zu den vorfällen auf
tirol.orf.at.
edit: die tt vom 21.11. berichtet mit einem zweisätzer von den vorfällen (nicht online oder nur nicht gefunden).
edit am mi 25.11. 11:45:
Betreff: nachfrage zu unterbliebener emailweiterleitung der stv germanistik über öh
Datum: 20.11.2009 12:38
Von: Martin Fritz
An: info at oeh.cc, Florian Ritter, Florian Kahn, Iris Streibl
sehr geehrtes öh-sekretariat, sehr geehrtes öh-vorsitz-team,
mit großer verwunderung und betroffenheit habe ich als ehemaliger germanistik-student von der stv germanistik folgendes erfahren:
nach darstellung der stv germanistik wollte ebendiese den studierenden der germanistik mittels emails wichtige studienrelevante informationen zukommen lassen - und zwar am 6.11., 9.11., 10.11. und 11.11. wie euch bekannt ist, musste sie dazu die betreffenden emails an das öh-sekretariat weiterleiten, das für gewöhnlich nach dem ok des öh-vorsitzes die emails an das vis weiterleitet, das die emails wiederum zu den entsprechenden studierenden weiterleitet. offenbar erreichte bislang keines der betreffenden emails die studierenden der germanistik.
da ich in keines der glieder dieser email-weiterleitungs-kette einen einblick habe, mir aber sehr daran gelegen ist, dass die stven ihre arbeit (u.a. die studierenden über studienrelevante themen zu informieren) leisten können, bin ich naturgemäß sehr daran interessiert, an welcher stelle die in frage kommenden emails hängen geblieben sind.
denn laut stv germanistik bestätigte sowohl eine für die weiterleitung solcher emails zuständige sekretärin der öh sowie zwei der dafür zuständigen vis-mitarbeiter/innen der stv germanistik gegenüber, dass ihnen keines der betreffenden emails zur weiterleitung vom öh-vorsitz vorgelegt wurde.
wenn dies alles zutrifft, stellen sich für mich die folgenden fragen:
warum war dies alles der fall?
wie kann sich der öh-vorsitz herausnehmen zu beurteilen, welche informationen die direkt gewählten studierendenvertreter/innen an ihre studierenden weiterleiten dürfen und welche nicht?
was treibt den öh-vorsitz dazu, mit einem solchen vorgehen die stv in ihrer arbeit (anstatt sie nach möglichkeit zu unterstützen) zu behindern?
warum wurde dieses augenscheinlich gewählte vorgehen des öh-vorsitzes (unterdrücken der emails) der stv germanistik gegenüber nicht offen und direkt kommuniziert?
wie erklärt der öh-vorsitz also sein vorgehen gegen direkt gewählte studierendenvertreter/innen, gegen freie weitergabe von informationen und freie meinungsbildung der studierenden?
wenn die darstellung der stv germanistik den tatsachen entspricht, fände ich persönlich das vorgehen des öh-vorsitzes (im übrigen völlig unabhängig vom inhalt der emails) absolut inakzeptabel und demokratiepolitisch äußerst bedenklich, sodass es nach meinem dafürhalten nicht ohne gravierende konsequenzen bleiben könnte. mir ist also sehr an der darstellung des sachverhalts aus eurer perspektive gelegen.
lg, martin fritz.
auf dieses email habe ich bis jetzt keine antwort erhalten, aber am wochenende muss niemand arbeiten, es ist auch gerade erst mittwoch und wer bin ich denn schon.
von der stv vergleichende literaturwissenschaft habe ich jedenfalls soeben die folgende
Stellungnahme der ÖH IBK zu Vorwürfen der Informationsbeschränkungen erhalten:
Liebe StudienvertreterInnen und Studienvertreter,
aufgrund der Tatsache, dass Gerüchte im Umlauf sind , dass das ÖH
Vorsitzteam angeblich (Fakultäts-)Studienvertretungen zensiert und
Emails nicht ausschickt, möchten wir zu diesen Vorwürfen kurz Stellung
beziehen:
Von Seiten des Vorsitzteams der ÖH Innsbruck besteht in keinster Weise
die Bestrebung, den Informationsfluss von (Fakultäts-)
Studienvertretungen an "ihre" Studierenden zu beschränken. Dies war
weder in der Vergangenheit der Fall noch wird es je dazu kommen.
Es ist selbstverständlich ausdrücklich erwünscht, dass Studierende von
ihrer gewählten Studienvertretung über aktuelle Geschehnisse und
Veranstaltungen, dieses Studium oder diese Fakultät betreffend,
informiert werden.
Dem Vorsitzteam der ÖH Innsbruck ist es allerdings nicht möglich, Emails
von Dritten an Studierende auszuschicken, es würde dadurch mittelbar
studierendenrelevante Daten an Dritte weitergeben, was somit schwerer
Datenmissbrauch wäre.
Die Behauptungen, dass die ÖH sämtliche Emails einer gewissen
Studierendenvertretung unter den Tisch kehre, entsprechen schlichtweg
nicht der Wahrheit. Es ist jedoch bedenklich, wenn solch schwerwiegende
Behauptungen und Vorwürfe auf Grund mangelnder Information, oder sogar
wissentlich, getätigt werden.
Als Vertretung aller Studierenden ist es der ÖH Innsbruck ein großes
Anliegen, ein möglichst großes Meinungsspektrum zu vertreten. All jene,
die sich mit der aktuellen bildungspolitischen Situation
auseinandersetzen, müssten in diesem Zug auch verstehen, dass es mehr
als nur ein paar aus der Luft gegriffene Forderungen zur Verbesserung
der vorherrschenden Studierendensituation benötigt. Dies gilt
selbstverständlich auch für die ÖH selbst.
Obwohl wir leider keine Einladung als ÖH Vorsitz bekommen haben, werden
wir am Mittwoch bei dem Treffen in der GeiWi teilnehmen, damit die
Vorwürfe offen angesprochen werden können.
Darüber hinaus freut es uns, dass sich die StV Germanistik von der
Vorgehensweise des VSSTÖ distanziert.
Mit freundlichen Grüßen
Das ÖH Vorsitzteam
Florian Ritter, Iris Streibl und Florian Kahn