Eines lässt sich an dieser ästhetisierten Debatte zwischen den Polen Poschardt und Diederichsen über den ästhetisch adäquaten Gestus des Linken gut ablesen: der tatsächliche Bankrott der politischen -- und nicht nur dieser -- Kultur in unserer Zeit.
Seit wann hat ein politisches Bekenntnis auch nur ansatztweise etwas damit zu tun, ob man mit Freitag-Taschen am Spittelberg rumschlurft, sich rohen Fisch am Prenzlauer Berg einverleibt, oder mit Ohrringerl und Trägerleiberl bewehrt eine Grillage veranstaltet?
Solche vermeintlich politische Kategorien sind heute überhaupt nur deshalb denkbar, weil offensichtlich der historische Bezug zum humanistischen Programm der Sozialdemokratie, wie der Bezug zu letzterer selbst, völlig verloren gegangen ist. Genauso der Glaube an die Möglichkeit von sozialer Veränderung -- wie soll denn das ein Spezifikum sein, (Un-)Versöhntheit mit der eigenen Klasse? Waren die Arbeiter der vorletzten Jahrhundertwende versöhnt mit der eigenen Klasse? Nein, das war ja eben der Punkt. Gab sich umgekehrt Engels die Erscheinung und den Habitus eines Hacklers aus der Kohlengrube? War er deswegen versöhnt mit irgendwas?
Der groben Themenverfehlung, die diese ganze Debatte kennzeichnet, könnte man mit ein bisschen Geschichte lernen und ein bisschen weniger Gepose beikommen. (Lehrreich sind z.B. vergleichende Lektüren von Arbeiterzeitung und Neuer Freier Presse aus dem ersten Viertel des letzten Jahrhunderts, aus einer Zeit vor dem Hirntod der Sozialdemokratie. Das vermeintlich bürgerliche, humanistische Bildungsideal findet man da eben nicht in der Presse, sondern in der AZ. Weil damals klassenübergreifend Viele weder mit der eigenen Klasse noch mit sonst irgendwas allzu versöhnt waren, anstatt in Entfremdungsphantasien und Selbstekel zu schwelgen, wenn man den Boho in sich selbst im Gegenüber am Shushi-Förderband erkennt.
ja bruder ja.
((mehr zum thema erst dann, wenn ich das extrem seltsame erlebnis der lektüre der nachgelassenen peter-glotz-memoiren verarbeitet habe, die ich gerade unternehme. lohnend übrigens, zweifellos.))
Über die Glotz-Memoiren würde ich sehr gerne mehr erfahren, eventuell in gescribbelter Form, ibid.?
Somewhat unrelated: eben ist mir wieder bewusst geworden, dass eine Hauptzutat nordamerikanischer (Mehr-oder-Weniger-)Erfolgsgeschichten doch immer wieder diese ist: keine Scheu (vielleicht auch fehlendes Bewusstsein?), peinlich zu sein -- siehe hier: http://www.democrats.org/blog.html
Seit wann hat ein politisches Bekenntnis auch nur ansatztweise etwas damit zu tun, ob man mit Freitag-Taschen am Spittelberg rumschlurft, sich rohen Fisch am Prenzlauer Berg einverleibt, oder mit Ohrringerl und Trägerleiberl bewehrt eine Grillage veranstaltet?
Solche vermeintlich politische Kategorien sind heute überhaupt nur deshalb denkbar, weil offensichtlich der historische Bezug zum humanistischen Programm der Sozialdemokratie, wie der Bezug zu letzterer selbst, völlig verloren gegangen ist. Genauso der Glaube an die Möglichkeit von sozialer Veränderung -- wie soll denn das ein Spezifikum sein, (Un-)Versöhntheit mit der eigenen Klasse? Waren die Arbeiter der vorletzten Jahrhundertwende versöhnt mit der eigenen Klasse? Nein, das war ja eben der Punkt. Gab sich umgekehrt Engels die Erscheinung und den Habitus eines Hacklers aus der Kohlengrube? War er deswegen versöhnt mit irgendwas?
Der groben Themenverfehlung, die diese ganze Debatte kennzeichnet, könnte man mit ein bisschen Geschichte lernen und ein bisschen weniger Gepose beikommen. (Lehrreich sind z.B. vergleichende Lektüren von Arbeiterzeitung und Neuer Freier Presse aus dem ersten Viertel des letzten Jahrhunderts, aus einer Zeit vor dem Hirntod der Sozialdemokratie. Das vermeintlich bürgerliche, humanistische Bildungsideal findet man da eben nicht in der Presse, sondern in der AZ. Weil damals klassenübergreifend Viele weder mit der eigenen Klasse noch mit sonst irgendwas allzu versöhnt waren, anstatt in Entfremdungsphantasien und Selbstekel zu schwelgen, wenn man den Boho in sich selbst im Gegenüber am Shushi-Förderband erkennt.
word!
((mehr zum thema erst dann, wenn ich das extrem seltsame erlebnis der lektüre der nachgelassenen peter-glotz-memoiren verarbeitet habe, die ich gerade unternehme. lohnend übrigens, zweifellos.))
Interessant
Somewhat unrelated: eben ist mir wieder bewusst geworden, dass eine Hauptzutat nordamerikanischer (Mehr-oder-Weniger-)Erfolgsgeschichten doch immer wieder diese ist: keine Scheu (vielleicht auch fehlendes Bewusstsein?), peinlich zu sein -- siehe hier: http://www.democrats.org/blog.html