...

(#) hier noch die manchen leser/innen des klimbim bereits in grundzügen bekannte skizze zu systemtheorie, last.fm und pop:



bitte um kritik, lektüretipps etc. (dass nl nicht gut referiert ist, weiß ich bereits selbst, hier setze ich grundwissen voraus. dass die fragestellungen für die länge zu umfassend sind, auch. drum soll noch mehr draus werden können. einschätzungen dazu ebenfalls willkommen)
jurijmlotman - 25. Nov, 00:04

ich hab es natürlich gern gelesen, aber doch spontane einwände (mit unbestimmter stichhaltigkeit): irgendwie habe ich das gefühl, dass man hier nl (fast) nicht braucht, wenn man absieht von der anti-psychologischen perspektive an sich, vielleicht von der zentralen rolle der "anschlüsse" und von der idee, dass systeme aus "kommunikationen" und nichts sonst bestehen, die also nicht "über" etwas kommunizieren sondern selbst die basis darstellen.

das klingt schon nach viel, und ich halte es auch für richtig, aber es ist doch fast philosophisch-essayistisch hier eingebracht und weniger analytisch. das aber würde ich gern wirklich genau als analyse lesen: wie die LastFM-kettenreaktionsmaschine sich exakt theoretisch beschreiben lässt, und ob Pop (was ich glaube) wirklich exemplarisches modell für andere soziale diskurs-prozesse ist, gerade unter den bedingungen der elektronischen medien.

ob da dann luhmanns instrumentarium (alter-ego) wirklich analytisch nützlich ist, da habe ich idiosynkratische zweifel. aber ich weiß es nicht, ich habe irgendwie probleme mit dem Spencer Brown / Luhman zeug. es kommt mir immer vor, dass es recht banal und wenig nützlich ist (viel weniger nützlich als Foucault etwa), und dann denke ich wieder, dass ich da sicher irgendwas ganz wichtiges nicht verstehe. und *irgendwas* daran verstehe ich ja auch wirklich ganz verbohrt und grundsätzlich nicht.

(man könnte möglicherweise auch mal Lotman's semiosphären-theorie da ausprobieren, versuchsweise. alle theorien von 'flachen' semiotischen kettenreaktionen, die nicht als übertragung von botschaft funktionieren.)

aber wenn luhmann, dann härter und analytischer.

assotsiationsklimbim - 25. Nov, 10:52

mit allem hast du natürlich sehr recht.

also dass erstens nl in viel zu wenig präzis und hardcore-analytisch durchgezogen ist, das hat in aller schlichtheit damit zu tun, dass es auch einfach schwer für mich in der für mich ja auch neuen nl-welt zu schreiben ist. da ich aber nun eben beabsichtige, mich mit dem komplex noch ausführlicher zu beschäftigen, lässt sich dieses manko noch aufholen. einwände grundsätzlicher und spezieller art sind da natürlich (zu wohl auch künftig in irgendeiner form für feedback-zirkel bereitgestellten arbeitsfortschritten) stets willkommen.

dass zweitens nl weniger bringt als foucault oder lotman, glaube ich persönlich nicht. das könnte man dann aber am endergebnis messen. für mich ist foucault derzeit u.a. aus coolnessgründen weniger attraktiv als nl, der nebenbei bemerkt ein stilistiker erster güte ist, was allein schon freude macht (aber ihn andererseits schwer "anwendbar" macht, weil alles selber formulierte im vergleich so plump ist).

aber auch ganz ernsthaft: deinen eindruck, dass gerade der später brown-nl oft nur so was ähnliches wie tautologien produziert, kann ich teilen. es ist aber ein sehr bescheidenes und sehr anmaßendes erkenntnisinteresse, das das rechtfertigt bzw. notwendig macht: nl will ja als supertheorie alles inkl. sich selbst erklären können und kann von da aus eben nicht viel mehr sagen, als dass seine beschreibung zu der beschreibung führt, zu der sie führt (was aber auch was ist). das macht ihn m.e. stärker und schwächer als die good old strukturalisten (nicht dass die nicht selbstreflexiv wären, aber nicht in so selbstzerstörerischer weise, meines wissens zumindest). der punkt, an dem du nl nicht verstehst würde mich jedenfalls interessieren (vielleicht verstehe ich den ja auch nicht, störe mich aber nicht dran, weil mir nach zu viel nl-lektüre distanz fehlt). darüber, foucault und lotman als vergleich reinzunehmen, muss ich ernsthaft nachdenken; ich fürchte aber, dann ufert es komplett aus.
jurijmlotman (Gast) - 26. Nov, 21:40

das ist alles cum grano salis, oder eher ziemlich viel, zu verstehen.
ich bin ziemlich draußen aus luhmann, aber auch damals, als ich mich - immer etwas grantig - hineingearbeitet hatte, war es immer so etwas wie kampf.

foucault und lotman hier eigentlich nur deshalb (außer dass ich sie immer daherziehe, wie es halt alte leute tun), weil es da ansätze gibt, um *semiotische kettenreaktionen* zu beschreiben. was gibts da noch: Peirce's semiosis, und dann? die emergenz-theorien, die man bei Steven Johnson findet, vielleicht noch. (in meiner strukturalisten-sekte haben wir damals so etwas überhaupt nicht beachtet, das war immer statische korpus-analyse.)

tatsächlich aber hatte ich nie den eindruck, dass ich luhmann wirklich für konkrete analyse von etwas benutzen konnte. (und da, wo er etwas analysiert, wo ich mich zeitweise auskannte, also das liebes-buch, sind die resultate *sehr* zweifelhaft.)

am konkretesten habe ich systemtheorie (die ich mag und als selbstverständliches framework benutze, wohlgemerkt) damals brauchen können, als ich eine studie über semiotische "ausgrenzungs"-strategien geschrieben habe. müsste ich selber mal nachlesen.

also hier ernsthafte, nicht-rhetorische frage: wo / wie genau kann luhmann bei der analyse von historischen phänomenen helfen, von "positivitäten"? und das wäre es ja, was mich persönlich an solchen pop-studien interessiert.

assotsiationsklimbim - 28. Nov, 17:02

die frage trifft es ziemlich genau, weswegen ich auch lange mit einer antwort gezaudert habe. so weit ich das verstehe, sind luhmann "positivitäten", also z.b. einzelne texte, sowieso vollkommen egal, es geht ihm immer nur um die rekonstruktion der möglichkeit des zustandekommens von irgendwas, was ihn im einzelfall empirisch weder interessiert noch belangt. die luhmann-frage ist ja nie, was etwas bedeutet, sondern warum es überhaupt da ist (und warum nicht anders). ich finde das als erkenntnisinteresse schon auch was. die "semiotischen kettenreaktionen" kriegt man dann (mutmaßlich) mit seiner evolutionstheorie (von der ich genau gar nichts verstanden habe) in den griff. so allgemein kann man da aber nur viel rummutmaßen, man wird es halt ausprobieren müssen und da arbeite ich dran. weil es muss ja.
jurijmlotman (Gast) - 29. Nov, 02:30

das ist schön formuliert. und die luhmann-charakteristik leuchtet mir ein. (ja, ich finde schon auch, dass das nicht nichts ist.)

aber als einer, der dich dann eben doch vielmehr für die kettenreaktionen von positivitäten interessiert: damit magst du dich (in der arbeit) dann eher nicht beschäftigen?

dann aber letzte kritische nachfrage: aber genau das wesen von Pop, und auch das weiterführend interessante daran, erscheint mir jedenfalls ja genau in diesen "oberflächen"-dynamiken zu liegen. oder?
assotsiationsklimbim - 1. Dez, 17:52

ich denke bzw. hoffe, das, also die von dir beschriebenen kettenreaktionen, schon auch irgendwie in den griff zu bekommen, halt nicht auf der ebene von strukturalen textanalysen, sondern eine abstraktionsebene unschärfer. ich denk so ergebnisschwach dran rum derzeit bzw. werd mal ein bisschen nl-hardcore-lektüre mit dem im hinterkopf betreiben. ich stimme dir nämlich schon zu, dass darin das wesen (sic!) von pop (in einem mittelengen sinn) liegt. auch wenn ich gern (für diese arbeit) einen noch weiteren, als den emphatischen pop-begriff konstruieren würde, der mit dieser rückkopplung von oberflächeneffekten für mich doch immer mitschwingt. anders gesagt: es muss ja niemand diederichsen et. al. noch mal schreiben. diederichsen überschreiben. ich weiß auch nicht.

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